09/15/2025 | Press release | Distributed by Public on 09/15/2025 03:38
Nr. 147/2025 vom 15.09.2025
Seit dem 7. Oktober 2023 hat sich das Klima an deutschen Hochschulen für Forschende mit thematischem Bezug zu Israel und Palästina spürbar verändert. Das zeigt die neue Studie "Deutsche Wissenschaft seit dem 7. Oktober: Selbstzensur und Einschränkungen unter Forschenden mit Nahostbezug" von Jannis Julien Grimm, Sven Chojnacki, Nina Moya Schreieder, Iman El Ghoubashy und Thaddäa Sixta, die am 15. September am Zentrum für interdisziplinäre Friedens- und Konflikforschung der Freien Universität Berlin veröffentlicht wurde.
Auf Grundlage einer disziplinübergreifenden Online-Erhebung unter ca. 2000 Wissenschaftler*innen mit Arbeitsbezug zum Nahen Osten untersucht die Studie Wahrnehmungen von Einschränkungen, Praktiken der Selbstzensur und perzipierte Formen institutionellen Drucks. Die Ergebnisse machen ein Spannungsfeld sichtbar zwischen dem Anspruch offener Debatten und der Erfahrung von Diskursverengung, Anfechtungen und Sanktionierung. Die Daten zeigen kein Randphänomen, sondern eine breit geteilte Erfahrung von Verunsicherung und Zurückhaltung im Umgang mit Israel/Palästina. Besonders verletzlich sind Statusgruppen mit unsicheren Beschäftigungsbedingungen und hoher Drittmittelabhängigkeit. Zugleich betonen die Befragten den Schutz der pluralen Meinungsäußerung als zentrale Aufgabe akademischer Institutionen. Im internationalen Vergleich korrespondieren die Befunde mit den US-Erhebungen des Middle East Scholar Barometer und liefern erstmals systematische Evidenz für den deutschen Kontext.
Zentrale Ergebnisse
Methodik in Kürze
Die Studie basiert auf einer standardisierten Online-Erhebung im Frühjahr 2025 unter in Deutschland tätigen Wissenschaftler*innen mit nachweisbarem fachlichem Bezug zur MENA-Region bzw. Israel/Palästina. Der Sampling-Frame wurde systematisch aus öffentlich zugänglichen Quellen aufgebaut und intern validiert. Einbezogen wurden Universitäten, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie wissenschaftliche Think Tanks. Die Response-Rate lag im Durchschnitt bei rund 22 Prozent. Die Auswertung kombiniert quantitativ-statistische Analysen mit einer themengeleiteten Auswertung der Freitextantworten. Methodische Limitationen betreffen die Nicht-Kausalität des Querschnittsdesigns, Selbstberichtseffekte sowie mögliche Selektionsmechanismen.
Einordnung
Die Befunde weisen Parallelen zu dem Befund des Middle East Scholar Barometers in den USA auf sowie zu breiteren deutschen Erhebungen zu akademischer Redefreiheit und Anfeindungen gegen Forschende. Besonderheiten des deutschen Kontexts liegen in der hohen öffentlichen Politisierung des Israel/Palästina-Themas und institutionellen Reaktionen innerhalb von Hochschulen. Die Studie weist auf Handlungsbedarfe hin: gezielte Schutzmechanismen für Nachwuchs, Unterstützung bei Angriffen und eine Debattenkultur, die unterschiedliche Betroffenheiten anerkennt.
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