Universität Paderborn

09/15/2025 | Press release | Archived content

Enor­mes Po­ten­zi­al für Kli­ma­schutz in der In­dus­trie: Ver­bund­pro­jekt eb­net den Weg für kli­ma­neu­tra­le Pro­zess­wär­me

Die Dekarbonisierung der industriellen Prozesswärme, also der Wandel, weniger Kohlenstoff in die Atmosphäre freizusetzen, ist eine der großen Herausforderungen der Energiewende. In der Industrie wird jedoch ein erheblicher Teil des Energiebedarfs noch immer durch fossile Brennstoffe wie Kohle, Erdöl oder Erdgas gedeckt, während nur ein geringer Teil der eingesetzten Energie wieder zurückgewonnen wird. Hier setzt das Verbundprojekt "HeatTransPlan" an, das von Wissenschaftler*innen der Universität Paderborn geleitet wird. Im Temperaturbereich bis 200 Grad Celsius (°C), der rund 40 Prozent des gesamten Bedarfs ausmacht, schlummert ein enormes, bislang kaum genutztes Potenzial durch Abwärmenutzung. Hochtemperatur-Wärmepumpen gelten dabei als Schlüsseltechnologie, um industrielle Prozesse künftig klimafreundlicher zu gestalten. Zudem fungieren Wärmespeicher im Hochtemperaturbereich als die technischen Möglichmacher für Versorgungssicherheit bei prozessbedingten Schwankungen. Das Projekt wird über drei Jahre vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) mit 2,21 Millionen Euro gefördert und läuft noch bis Ende nächsten Jahres.

Herausforderungen und Lösungsansätze bei der Abwärmenutzung

Projektleiter Dr.-Ing. Florian Schlosser vom Fachgebiet Energiesystemtechnik (EST) der Universität Paderborn erklärt die drängende Relevanz der Untersuchungen: "Durch gesetzliche Anforderungen wie die Meldepflicht von Abwärme gemäß dem Energieeffizienzgesetz sind Unternehmen zunehmend gefordert, ihren Energieeinsatz zu optimieren und eingesetzte Energie zurückzugewinnen. Allerdings haben mangelndes Bewusstsein für sinnvolle Anwendungsmöglichkeiten technischer Lösungen zur Wärmeumwandlung und -speicherung über 100 °C sowie fehlende Ressourcen bei der Planung die Realisierung potenzieller Umsetzungen bisher gehindert." Um das zu ändern, arbeiten die Wissenschaftler*innen, die am SICP - Software Innovation Campus und im Kompetenzzentrum für Nachhaltige Energietechnik (KET) der Universität Paderborn interdisziplinär forschen, mit industriellen Kooperationspartner*innen an innovativen Instrumenten und robusten Lösungen. Als Multiplikator ist InnoZent OWL e.V., ein Technologienetzwerk für nachhaltige Unternehmensentwicklung, mit an Bord.

Die Wichtigkeit von Daten für die Planung optimaler Wärmenutzungssysteme

Grundlage für die systematische Nutzung sowie ganzheitliche Optimierung von Wärmeüberschüssen und -bedarfen in industriellen Produktionsprozessen sind Kenntnisse über die thermischen Prozessanforderungen. Da die jeweilige Datenlage der Partnerunternehmen jedoch einen Engpass darstellte, wurde ein stärkerer Fokus auf den Einsatz von "Process Mining" gelegt. "Mit dieser Methode werden Datenlücken zur Beschreibung bestehender Prozesse und ihrer Energiebedarfe geschlossen, indem tatsächliche Prozessverläufe auf Basis vorhandener Maschinendaten rekonstruiert werden - ein entscheidender Schritt für eine hohe Datengenauigkeit und effektive Prozessverbesserungen", erklärt Prof. Dr. Oliver Müller, Leiter des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik, insbesondere Data Analytics an der Universität Paderborn. Anhand praktischer Anforderungen entwickelt das Projektteam die Methoden sowie prototypischen Instrumente und erprobt diese in zwölf Fallstudien, die vom Projektpartner Limón GmbH organisiert und durchgeführt werden. "Vier Praxisversuche haben wir bereits abgeschlossen und wichtige Erkenntnisse darüber gewonnen, wie die industrielle Wärmeversorgung umgestaltet werden sollte, damit sie CO2-neutral wird", so Prof. Müller. Aktuell werden vier weitere Fallstudien durchgeführt. Die Partner kommen aus der Lebensmittel-, Pharma-, Papier- und metallverarbeitenden Industrie. Aufbauend auf den Ergebnissen wird ein digitales Entscheidungsunterstützungssystems (EUS) entwickelt, das als zentraler Anker für die Planung und Konfiguration von Wärmepumpen-Speicher-Systemen (WSS) dient. Der Softwareentwickler OPTANO GmbH unterstützt als Partner bei der Entwicklung des Optimierungsalgorithmus, der das Herzstück des EUS bildet.

Mit thermischen Speichern bereit für die nächsten Schritte

Neuartige Wärmepumpen-Speicher-Systeme im Hochtemperaturbereich bieten großes Potenzial für eine effiziente Nutzung von Abwärme sowie erneuerbarer Energiequellen, reduzieren den Bedarf an fossilen Brennstoffen und senken Energiekosten. Im Rahmen von "HeatTransPlan" wird ein neuartiger, Hochtemperatur-Wärmespeicher für die effiziente Speicherung im Temperaturbereich über 100 °C entwickelt und unter produktionsnahen Bedingungen am Fachgebiet Fluidverfahrenstechnik (FVT) der Universität Paderborn experimentell charakterisiert. Er basiert auf Phasenwechselmaterialien, also Stoffen, die bei bestimmten Temperaturen ihren Aggregatzustand ändern und dabei große Mengen an Energie aufnehmen oder abgeben, kombiniert mit innovativen Kissenplattenwärmeübertragern und einer hochwirksamen Vakuumisolierung, um Wärmeverluste zu minimieren. Das Projektteam ermittelt die Rolle von Hochtemperatur-Speichern als technische Möglichmacher bei der Transformation der industriellen Wärmeversorgung. Die Planung der Wärmepumpenkonzepte übernimmt der Wärmepumpenhersteller Sustainable Process Heat GmbH. Für die Speicherentwicklung und -fertigung sind die Partner Axiotherm als Hersteller der Phasenwechselmaterialien und König Metall als Hersteller des vakuumisolierten Gehäuses sowie der Kissenplattenwärmeübertrager zuständig. "Die Wärmewende in der Industrie erfordert fundiertes Prozesswissen, technologische Weiterentwicklung und sektorübergreifende Zusammenarbeit. Wir freuen uns auf die nächsten Schritte im Projekt. Die Meilensteine, die wir bisher erreicht haben, bringen uns unserem großen Ziel immer näher: der resilienten und effizienten Umwandlung und Speicherung von Wärme", sagt Prof. Dr.-Ing. Julia Riese, Leiterin des Lehrstuhls für FVT an der Universität Paderborn.

Weitere Informationen zu "HeatTransPlan" und zur Möglichkeit, Fallstudienpartner zu werden gibt es unter: https://www.heattransplan.de

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