09/01/2025 | Press release | Distributed by Public on 09/01/2025 00:06
Quellenangabe © John M. John/NETZWERK Q 4.0
01.09.2025
Zum Start des Ausbildungsjahres stellt sich die Frage, wie Unternehmen und Jugendliche besser zusammenfinden können und was eine Ausbildung attraktiv macht. Klar ist: Jungen Menschen ist ein gutes Betriebsklima sehr wichtig und sie wünschen sich im Vorfeld mehr Informationen zu Ausbildungsvergütung und Bewerbungsprozess.
Vieles, was eine Ausbildung für junge Menschen attraktiv macht, bieten Unternehmen auch an. Allerdings erfüllen sie den Informationsbedarf von potenziellen Bewerber:innen oft nur zum Teil. Das geht aus einer gemeinsamen Studie von uns und dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hervor. Von den befragten jungen Menschen zwischen 14 und 25 Jahren geben knapp 95 Prozent an, dass ihnen Informationen über die Ausbildungsvergütung wichtig sind. Allerdings stellen nur knapp 60 Prozent der befragten Unternehmen diese Angaben vor einem Bewerbungsgespräch bereit.
Besonders deutlich fällt die Informationslücke im Ausbildungsmarketing bei Angaben zum Bewerbungsverfahren aus: Auf der einen Seite wünschen sich mehr als neun von zehn jungen Menschen Informationen über den Ablauf des Bewerbungsverfahrens und über 80 Prozent finden einfache Bewerbungsverfahren attraktiv. Auf der anderen Seite bieten zwar 91 Prozent der Unternehmen solche einfachen Verfahren auch tatsächlich an, aber nur weniger als die Hälfte informiert darüber im Vorfeld einer Bewerbung.
Für die überwiegende Mehrheit der jungen Menschen (92 Prozent) machen spannende Aufgaben eine Ausbildung attraktiv. Fast alle jungen Menschen (95 Prozent) wünschen sich daher vorab Informationen über die konkreten Inhalte und Tätigkeiten einer Ausbildung. Diese stellen jedoch nur drei Viertel der befragten Unternehmen vor einem Bewerbungsgespräch bereit. Sehr große Übereinstimmung gibt es dagegen hinsichtlich des Betriebsklimas: Mit 97 Prozent steht für die befragten jungen Menschen ein gutes Betriebsklima ganz oben auf der Wunschliste für eine attraktive Ausbildung, was ebenso viele Unternehmen nach eigener Einschätzung auch bieten können.
Der Handlungsbedarf, junge Menschen für eine Ausbildung zu begeistern, ist ungebrochen hoch: Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen konnte im vergangenen Jahr nur einen Teil oder gar keine der angebotenen Ausbildungsstellen besetzen. Umgekehrt findet immerhin ein Viertel der befragten jungen Menschen, dass es zu wenig Ausbildungsplätze gibt.
"Damit Ausbildungsbetriebe und potenzielle Auszubildende wieder häufiger zusammenfinden, sollten die Unternehmen in ihrem Ausbildungsmarketing noch häufiger auf die Informationen eingehen, die für junge Menschen wichtig sind. Sie sollten transparenter machen, wie das Bewerbungsverfahren abläuft, was die Ausbildung bei ihnen attraktiv macht, wie der Arbeitsalltag aussieht und welche Perspektiven es für die Zeit nach der Ausbildung gibt - und das so konkret wie möglich", sagt Dirk Werner, Leiter des Clusters Berufliche Qualifizierung und Fachkräfte beim IW.
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Grundsätzlich sind die Betriebe bei der Stellenbesetzung zunehmend kompromissbereiter: Zwei Drittel der befragten Unternehmen stellen eigenen Angaben zufolge auch Jugendliche ein, die nicht über alle geforderten Kompetenzen verfügen, ein Zuwachs von fünf Prozentpunkten gegenüber 2024. Mehr als ein Drittel stellt auch junge Bewerber:innen ein, die erheblichen Förderbedarf haben (plus zehn Prozentpunkte). Acht von zehn Unternehmen achten bei der Einstellung weniger auf Schulnoten als auf den persönlichen Eindruck. Auf der anderen Seite glauben nur 57 Prozent der jungen Menschen, dass ihre individuellen Kompetenzen wichtiger sind als ihre Zensuren, um eine Stelle zu bekommen.
Wie unsere im Juli veröffentlichte Jugendbefragung "Ausbildungsperspektiven 2025" zeigt, sehen insbesondere junge Menschen mit niedriger Schulbildung die geforderten Zeugnisse und Qualifikationen als eine große Schwierigkeit bei der Ausbildungsplatzsuche an. "Jugendliche mit niedriger Schulbildung schätzen ihre Ausbildungschancen am pessimistischsten ein. Wichtig ist, ihnen gerade auch bei eher mäßigen Schulleistungen Mut zu einer Bewerbung zu machen. Denn Unternehmen werden bei den geforderten Qualifikationen zunehmend flexibler", sagt Clemens Wieland, unser Experte für berufliche Bildung.
Gleichzeitig zeigt die aktuelle Studie: Unterstützende Maßnahmen, auf die Unternehmen zur Ausbildung junger Menschen mit Förderbedarf zurückgreifen können, sind in den Betrieben noch wenig bekannt und werden entsprechend selten genutzt. Beispielsweise ist die Assistierte Ausbildung (AsA-Flex) nur knapp 15 Prozent der Unternehmen geläufig, lediglich 1,5 Prozent nutzen sie aktuell. AsA-Flex ist ein Förderinstrument der Bundesagentur für Arbeit, über das Auszubildende unter anderem sozialpädagogische Begleitung und Förderunterricht erhalten können.
"Damit es gelingt, insbesondere mehr junge Menschen mit niedriger Qualifizierung in eine Ausbildung zu bringen, sollten Politik und Verbände die Unterstützungsmöglichkeiten bekannter machen und Unternehmen offener dafür sein, sie zu nutzen", so Wieland. Das kann sich besonders für kleinere Betriebe auszahlen, denn laut Befragung ist es ihnen 2024 am schwersten gefallen, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen.
Bertelsmann Stiftung: Helen Renk, Fabian Schaffer, Clemens Wieland, IW Köln: Franziska Arndt, Regina Flake, Philip Herzer, Dirk Werner
Zusatzinformationen
In die Studie sind Daten aus zwei Quellen eingeflossen. Für die erste Quelle hat das Institut iconkids & youth in unserem Auftrag 1.755 junge Menschen im Alter von 14 bis 25 Jahren repräsentativ befragt (Befragungszeitraum: 7. März bis 14. April 2025). Bei der zweiten Quelle handelt es sich um repräsentative Daten der Unternehmensbefragung der 38. Welle des IW-Personalpanels (Erhebung vom 12. März bis 6. Mai 2025), an der 1.071 Unternehmen teilgenommen haben.
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