FRA - European Union Agency for Fundamental Rights

09/17/2025 | Press release | Distributed by Public on 09/16/2025 22:15

Zunehmende Gewalt und Belästigung gegen intersexuelle Menschen in der EU

Press Release
17 September 2025

Zunehmende Gewalt und Belästigung gegen intersexuelle Menschen in der EU

Gleichheit, Nichtdiskriminierung und Rassismus
Geschlecht, sexuelle Ausrichtung und Geschlechtsidentität
Intersexuelle Menschen in der EU sind im täglichen Leben Gewalt, Belästigung und Diskriminierung alarmierenden Ausmaßes ausgesetzt. Dies geht aus dem neuen Bericht der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) hervor. Viele Intersexuelle wurden zu "Umwandlungsmaßnahmen" oder medizinischen Eingriffen gezwungen, was eine schwere Verletzung ihrer Grundrechte darstellt. Die FRA fordert die EU-Länder auf, die besonderen Bedürfnisse intersexueller Menschen zu berücksichtigen, um sie vor Hass, Diskriminierung und erzwungenen medizinischen Eingriffen zu schützen.
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Der Bericht Being Intersex in the EU (Intersexualität in der EU) bildet die Erfahrungen von intersexuellen Menschen in Europa ab und beruht auf der aktuellen LGBTIQ-Erhebung der FRA. Der Bericht zeigt, dass Intersexuelle seit 2019 immer häufiger Gewalt, Belästigung und Diskriminierung ausgesetzt sind. Dabei sind sie deutlich häufiger betroffen als LGBTIQ-Personen im Durchschnitt:

  • Gewalt: Jeder Sechste (15 %) intersexuelle Mensch wurde im Jahr vor der Erhebung Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt. In den fünf Jahren vor der Erhebung war jede dritte intersexuelle Person betroffen (34 %), was einen starken Anstieg gegenüber 2019 (22 %) bedeutet und dreimal so hoch ist wie der Durchschnittswert für LGBTIQ-Personen insgesamt.
  • Belästigung: Drei von vier intersexuellen Menschen (74 %) waren im Jahr vor der Erhebung mit hassmotivierter Belästigung konfrontiert - ein deutlicher Anstieg gegenüber 2019, als es noch zwei von fünf (42 %) waren. Dieser Wert ist zudem beträchtlich höher als bei den LGBTIQ-Befragten insgesamt (55 %).
  • Diskriminierung: Zwei von drei Intersexuellen (61 %) fühlten sich im Jahr vor der Umfrage diskriminiert. Dieser Wert ist gegenüber 2019 (62 %) unverändert. Am häufigsten findet die Diskriminierung am Arbeitsplatz statt (38 %). Intersexuelle sind die einzige LGBTIQ-Gruppe, bei der die Diskriminierung seit der letzten Erhebung nicht zurückgegangen ist.
  • Mobbing: Drei von vier intersexuellen Menschen (76 %) litten in der Schule unter Mobbing, Spott, Hänseleien, Beleidigungen oder Drohungen - ein deutlicher Anstieg gegenüber 2019 (54 %).
  • Medizinische Eingriffe: Mehr als jede zweite intersexuelle Person (57 %) wurde genitalverändernden Operationen oder anderen medizinischen Behandlungen unterzogen, ohne dass eine Aufklärung erfolgt war, auf deren Grundlage sie hätten einwilligen können.
  • Umwandlungs- oder Angleichungsmaßnahmen: Nahezu zwei von fünf Intersexuellen (39 %) mussten sich "Umwandlungsmaßnahmen" zur Änderung ihrer sexuellen Orientierung oder ihres Geschlechts unterziehen, verglichen mit einem Viertel der Befragten (25 %) in allen LGBTIQ-Gruppen insgesamt.
  • Psychische Gesundheit: Mehr als jede zweite intersexuelle Person (53 %) hat im Jahr vor der Erhebung über Suizid nachgedacht, was deutlich über dem Anteil bei den LGBTIQ-Gruppen insgesamt (37 %) liegt.
  • Obdachlosigkeit: Jede zwanzigste intersexuelle Person (6 %) musste mindestens einmal im Freien übernachten, verglichen mit 1 % bei anderen LGBTIQ-Gruppen und 0,2 % der Menschen in der EU insgesamt.

Aus dem Bericht geht hervor, dass Intersexuelle, die sich als Transfrauen oder Transmänner, nicht-binär und geschlechtlich divers identifizieren, sowie Intersexuelle, die eine Behinderung haben oder einer ethnischen Minderheit angehören, sogar noch häufiger von Gewalt, Belästigung und Diskriminierung betroffen sind.

Die Ergebnisse zeigen bestimmte Bereiche auf, in denen die EU und die EU-Länder tätig werden müssen:

  • Bekämpfung von Diskriminierung und Belästigung: Aufnahme von Geschlechtsmerkmalen in die in Antidiskriminierungsgesetzen vorgesehenen Schutzgründe und Aufnahme eines klaren und operativen Verweises auf intersektionelle Diskriminierung. Ausstattung der Gleichstellungsstellen mit angemessenen Befugnissen, Mandaten und Mitteln, damit sie ihre Aufgaben und Pflichten wahrnehmen können. Bekämpfung von Mobbing intersexueller Personen an Schulen durch Aufklärung und Kapazitätsaufbau und Einführung eines umfassenden, altersgerechten Sexualkundeunterrichts an den Schulen.
  • Bekämpfung von Hasskriminalität und Hetze: Aufnahme von strafschärfenden Tatgründen aufgrund der sexuellen Orientierung, Geschlechtsidentität, geschlechtlichen Ausdrucksformen und Geschlechtsmerkmalen ins Strafrecht. Aufnahme von Hasskriminalität und Hetze gegen intersexuelle Personen in die Liste der EU-Straftatbestände. Konsequente Umsetzung des EU-Gesetzes über digitale Dienste zur Bekämpfung von Hass und Desinformation im Internet.
  • Beendigung der Genitalverstümmelung bei intersexuellen Personen: Beendigung von nicht lebensnotwendigen medizinischen Eingriffen zur Veränderung der Geschlechtsmerkmale ohne vorherige vollständige Aufklärung und Einwilligung der betroffenen Person. Schulung von medizinischem Fachpersonal über die besonderen gesundheitlichen Bedürfnisse intersexueller Menschen und Gewährleistung einer angemessenen Behandlung dieser Menschen unter Wahrung ihrer Rechte.
  • Verbot von Umwandlungs- und Anpassungsmaßnahmen: Schutz intersexueller Personen vor grausamer und unmenschlicher Behandlung und Verbot von "Umwandlungs-" und "Anpassungsmaßnahmen".

Hierzu äußert sich FRA-Direktorin Sirpa Rautio wie folgt:

"Intersexuelle Menschen in der EU sind Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt alarmierenden Ausmaßes ausgesetzt. Ihr Leid muss dringend bekämpft werden. Dazu bedarf es einer gezielten Unterstützung, die den spezifischen Bedürfnissen dieser Menschen Rechnung trägt, damit sie ihre Grundrechte wahrnehmen und in Würde leben können."

Im Rahmen der LGBTIQ-Erhebung 2023 wurden 1 920 intersexuelle Personen in 30 Ländern (EU-27 sowie Albanien, Nordmazedonien und Serbien) befragt.

Bei dem aktuellen Bericht handelt es sich um den zweiten Bericht der FRA über die Grundrechte intersexueller Menschen. Die FRA veröffentlichte ihren ersten Bericht zu diesem Thema im Jahr 2015.

Weitere Auskünfte erhalten Sie unter: [email protected] / Tel.: +43 1 580 30 653

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17 September 2025
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Rising violence and harassment against intersex people in the EU press release
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