Landtag des Landes Schleswig-Holstein

09/25/2025 | Press release | Distributed by Public on 09/25/2025 08:34

Christian Dirschauer: Schlichtes Schwarz-weiß-Denken bringt uns nicht weiter

Presseinformation Kiel, den 25.09.2025

Es gilt das gesprochene Wort

Christian Dirschauer TOP 39 Schutz von Kindern und Jugendlichen vor negativen Auswirkungen sozialer Medien Drs. 20/3600
"Trotz der bestehenden Risiken dürfen wir jungen Menschen nicht die Chancen verbauen, die soziale Medien für ihre Bildung und Teilhabe bieten."
Vom Grundsatz sind wir uns hier wohl alle einig: Ganz ohne Frage müssen wir vor allem junge Menschen vor den negativen Auswirkungen sozialer Medien schützen. Denn daran, dass es diese negativen Auswirkungen gibt, zweifelt hoffentlich niemand. Spätestens mit der Berichterstattung zu "White Tiger" und zum sadistischen Online-Netzwerk 764 dürfte allen bewusst sein, wie real und gefährlich der digitale Raum für Kinder und Jugendliche sein kann. Es ist Fakt, dass es globale Täternetzwerke gibt, in denen sich Menschen mit sozio- oder psychopathischen Tendenzen radikalisieren. Die Opfer werden durch gezielte Manipulation zu Selbstverletzungen bis hin zum Suizid gedrängt. Das ist natürlich ein Extrem. Und doch wird hier deutlich, welche krassen negativen Auswirkungen soziale Medien auf Kinder und Jugendliche haben können.
Gleichzeitig sind soziale Medien natürlich längst so gut wie omnipräsent. Zwischen viereinhalb und fünf Milliarden Menschen weltweit nutzen sie regelmäßig. Soziale Netzwerke haben unser Leben verändert und bieten unbestrittene Vorteile. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene nutzen die bekannten Plattformen allerdings besonders intensiv. Und die Folgen dieser intensiven Nutzung sind bis heute sehr umstritten. Wenn wir uns die entsprechende Forschung anschauen, dann gibt es bisher wenig wirklich belastbare Ergebnisse. Aber verschiedene Studien deuten auf einen Zusammenhang zwischen social Media Nutzung und Ängsten, Isolation, Depressionen, Essstörungen oder digitalem Stress hin. Und nicht zuletzt, weil soziale Medien in Verdacht stehen, süchtig zu machen und das Sozialverhalten zu beeinflussen, ist für mich und meine Fraktion völlig klar, dass wir hier sehr genau hinsehen müssen.
Mit Blick auf die vorliegenden Anträge der Koalition und der SPD kann ich sagen, dass wir diese gerne unterstützen. Das Vorhaben, sich zu den Risiken sozialer Netzwerke und zu

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Schutzmöglichkeiten für junge Menschen mit Expertinnen und Experten auszutauschen, ist sinnvoll. Gleiches gilt für den Ansatz, sich kritisch mit der Rolle der Plattformbetreiber auseinanderzusetzen und Erfahrungen aus anderen Ländern einzubeziehen. Auch die von der SPD angeregte Diskussion über Altersgrenzen oder die Forderung nach einer weitreichenden Medienbildung sind in diesem Zusammenhang wichtig. Denn die Nutzung sozialer Medien hat in den letzten Jahren noch deutlich zugenommen. Und es steht zu befürchten, dass auch die damit verbundenen negativen Effekte wie etwa Schlafstörungen oder Cybermobbing zunehmen. Es ist also nur folgerichtig, dass uns mit den Anträgen ein umfassender Forderungskatalog vorliegt. Und wir haben hier definitiv eine gemeinsame Aufgabe. Aber gerade mit Blick auf die Umsetzung und Kontrolle der geforderten Maßnahmen ist es aus meiner Sicht besonders wichtig, dass wir diese Vorschläge und Fragen gründlich im Ausschuss diskutieren.
Mit Blick auf das weitere Verfahren möchte ich auch aus meiner Rolle als Vater heraus für einen ausgewogenen, differenzierten Umgang mit diesem wichtigen Thema plädieren. Gerade wenn es um Bildung oder Vernetzung geht, bieten soziale Medien enorme Möglichkeiten. Neben den erwähnten Problemen verbinden viele junge Menschen durchaus auch positive Erfahrungen mit sozialen Netzwerken. Schlichtes Schwarz-weiß-Denken bringt uns nicht weiter. Es kann nicht darum gehen, soziale Medien zu verteufeln und einseitig auf Verbote hinzuwirken. Studien zufolge sind mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen durchaus zu Selbstreflexion und damit zur Begrenzung ihres Medienkonsums in der Lage. Dass wir uns gleichzeitig aber auch Gedanken darüber machen müssen, wie wir die übermäßige, schädliche Nutzung begrenzen können, steht für mich völlig außer Frage.
Es liegt in der Natur der Sache, dass bei der Regulierung oder auch Begrenzung sozialer Netzwerke auf vielen Ebenen angesetzt werden muss. Denn neben der großen Europäischen Bühne, auf der mit den Plattformbetreibern Themen wie etwa Hassinhalte oder algorithmische Transparenz geregelt werden müssen, brauchen wir vor allem mehr konkrete Aufklärung und Anleitung. Und zwar explizit nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern auch für die Erwachsenen in ihrem Umfeld. Denn längst nicht alle Eltern, Pädagogen oder Trainerinnen im Sportverein wissen, wie man soziale Medien altersgerecht einbindet und wo Grenzen überschritten werden. Häufig ist hier Unwissenheit und mangelnder Austausch die Ursache, so dass schon eine einfache Handreichung helfen kann. Und gerade mit Blick auf solche vermeintlich kleinen, aber konkreten Dinge erwarte ich nicht nur von der angeregten Anhörung auf Landesebene wichtige Impulse. Wir sollten uns dringend auch die Strategie für den Kinder- und Jugendschutz in der digitalen Welt, die derzeit auf Bundesebene erarbeitet wird, sehr genau anschauen. Denn eins ist klar: Trotz der bestehenden Risiken dürfen wir jungen Menschen nicht die Chancen verbauen, die soziale Medien für ihre Bildung und Teilhabe bieten.
Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek/

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