Bundesland Saarland

09/23/2025 | Press release | Distributed by Public on 09/23/2025 08:01

Lagebild Verfassungsschutz 2024

Medieninfo vom:PressRelease vom 23.09.2025 | Ministerium für Inneres, Bauen und Sport| Verfassungsschutz, Sicherheit und Verteidigung, Inneres

Lagebild Verfassungsschutz 2024

Innenminister Jost hat das Lagebild Verfassungsschutz 2024 vorgestellt und auf mögliche Auswirkungen aktueller Entwicklungen auf die Innere Sicherheit im Saarland hingewiesen.

Radikalisierung junger Menschen über das Internet immer häufiger

Aktuell zeichnet sich eine besorgniserregende Entwicklung ab. Immer häufiger radikalisieren sich junge Menschen über das Internet - eine Tendenz, die auch im Saarland spürbar ist.

In sozialen Netzwerken wie TikTok, Instagram oder Telegram stoßen Jugendliche auf extremistische Inhalte. Die Plattformen bieten nicht nur Austauschmöglichkeiten über Landesgrenzen hinweg, sondern wirken auch als Katalysator für Radikalisierungsprozesse. Junge Menschen, die auf der Suche nach Orientierung, Zugehörigkeit und Stabilität sind, geraten so verstärkt in Kontakt mit extremistischen Inhalten durch Memes, Postings oder in Chatgruppen.

"Gerade junge Menschen sind in der Phase der Identitätssuche besonders empfänglich für Angebote, die Orientierung, Zugehörigkeit und einfache Erklärungen versprechen", erklärt Innenminister Reinhold Jost. "Diese Sehnsucht nach Halt machen sich Extremisten gezielt zunutze." Ulrich Pohl, Leiter der saarländischen Verfassungsschutzbehörde, ergänzt: "Wir sehen dabei auch einen Entwicklungsprozess, der sich zu einer Radikalisierungsspirale entwickeln könnte." Treffen junge Menschen auf diese rechtsextremistischen Erzählungen und Weltbilder mit ihren einfachen Erklärungen, klaren Schuldzuweisungen und ihren einfachen, allerdings zum Teil menschenunwürdige Lösungen, kann das leicht bei ihnen verfangen.

Übertragung der Radikalisierung aus dem digitalen in den realen Raum

Es ist festzustellen, dass die Grenzen zwischen der digitalen und der realen Welt immer durchlässiger werden. Die Vernetzung setzt sich im realen Leben fort, junge Menschen zeigen bei Protesten extremistische Positionen. Dabei richtet sich ihr Zorn häufig gegen vermeintlich Verantwortliche für gesellschaftliche Probleme.

Auch im Saarland ist zu beobachten, dass sich rechtsextremistische Gruppierungen in den sozialen Medien bilden, die auch Aktionen in der Realwelt durchführen und dass dies Reaktionen der linksextremistischen Szene auslöst. Die Sprache in den sozialen Medien wird aggressiver, Drohungen nehmen zu. Die Gewaltorientierung auf beiden Seiten wächst.

"Wir sehen eine gefährliche Dynamik. Die Gewaltorientierung nimmt auf beiden Seiten zu - sowohl im rechtsextremistischen als auch im linksextremistischen Spektrum. Die Sprache verroht, Drohungen werden offen ausgesprochen. Es besteht die reale Gefahr, dass sich eine neue extremistische Jugendkultur etabliert, die sich gegenüber dem politischen Gegner gewaltorientierter zeigt, als wir das bisher feststellen konnten", erläutert Ulrich Pohl.

Dieser Entwicklung wird entschieden entgegengetreten. Es wurden bereits wichtige sicherheitspolitische Maßnahmen getroffen, um solche Gruppen und die dahinterstehenden Dynamiken frühzeitig zu erkennen. Beispielsweise wurde der saarländische Verfassungsschutz um 10 Stellen aufgestockt. Das ist eine wichtige Weichenstellung, um den Verfassungsschutz noch weiter zu professionalisieren. Durch die Einstellung von Experten können so insbesondere die heutzutage zentralen Fähigkeiten der spezialisierten Auswertung von Daten weiter gestärkt werden. Daneben wurden die Methodiken angepasst, um dort, wo es möglich ist, auch einen Beitrag zur Verlangsamung oder gar zum Unterbrechen solcher Prozesse zu leisten. Sicherheitspolitische Maßnahmen werden durch sozialpolitische ergänzt. So arbeitet der Verfassungsschutz beispielsweise seit Jahren auch im Präventions- und Deradikalisierungsnetzwerk im Saarland (PuDiS) mit und unterstützt die dort vertretenen Präventionsträger mit seiner Expertise, damit diese Projekte zum Gegensteuern entwickeln können.

"Letztlich müssen wir aber alle unser Bewusstsein für dieses gesamtgesellschaftliche Problem schärfen. Sicherheitsbehörden, Präventionsträger und jeder Einzelne von uns ist aufgefordert, in den Bereichen, in denen wir einen Beitrag zur positiven Veränderung solcher strukturellen Entwicklungen leisten können, auch Einfluss zu nehmen", so Minister Jost.

Die Ergebnisse des "Lagebilds Verfassungsschutz 2024" im Detail

- Rechtsextremismus -

Die größte Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung in unserem Land geht weiterhin vom Rechtsextremismus aus.

Die sich in einem fortschreitenden Wandel hin zu losen Kleingruppen und Adhoc-Netzwerken befindliche rechtsextremistische Szene nutzte weiterhin die klassischen Themen wie Asyl und Migration, um damit für ihr menschen- und demokratieverachtendes Gedankengut zu werben. Daneben rückte das Agitationsfeld "Queerfeindlichkeit" sowohl im virtuellen Raum als auch bei rechtsextremistischen Demonstrationen, insbesondere im Zusammenhang mit Gegendemonstrationen zu Christopher Street Day-Veranstaltungen (CSD), zunehmend in den Fokus. Dabei spielte das Internet eine hervorgehobene Rolle. Vor allem die sozialen Medien bildeten zur Verbreitung von Ideologie, Verschwörungserzählungen, politischer Hetze und Hasspostings einen idealen Nährboden und dienten daneben zur Mobilisierung, zur Vernetzung und zur internen wie externen Kommunikation.

Die Zahl der erkannten und vermuteten Rechtsextremisten im Saarland erhöhte sich von etwa 340 im vorangegangenen Jahr auf rund 370 Personen zum Jahresende 2024, wovon ca. 10 Prozent als gewaltorientiert eingestuft werden.

- Reichsbürger -

Die Zahl der Reichsbürger erhöhte sich von 220 auf rund 280, ca. 10 Prozent davon wurden als gewaltorientiert eingestuft. Die Szene war nach wie vor von großer Heterogenität geprägt. Der bereits in 2023 konstatierte Anstieg an Aktivitäten (v.a. Widersprüche gegen behördliche Entscheidungen/Maßnahmen und Schreiben an Behörden, in denen das Existenzrecht der Bundesrepublik Deutschland und die Legitimation der Behörden und ihrer Mitarbeitenden negiert wurden) setzte sich auch im Berichtszeitraum fort. Trotz der hohen Waffenaffinität auf Bundesebene gab es in der saarländischen Szene allerdings nur wenige Personen mit einer Waffenerlaubnis.

- Islamismus -

Das Personenpotenzial der dem Beobachtungsbereich Islamismus zugeordneten Organisationen, Gruppierungen und Einzelaktivisten im Saarland blieb mit 430 Personen auf Vorjahresniveau, wobei der Salafismus weiterhin die zahlenmäßig bedeutendste islamistische Strömung darstellt. Die überwiegende Mehrheit der ca. 370 Salafisten im Saarland wurde dem politischen Salafismus zugerechnet.

Die von den Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder bereits seit mehreren Jahren konstatierte anhaltend hohe Gefährdungslage für Deutschland durch den islamistischen Terrorismus bestand unverändert fort. Als möglicher Nährboden für den gewaltorientierten Jihadismus und den islamistischen Terrorismus war die Beobachtung salafistischer Bestrebungen für den saarländischen Verfassungsschutz deshalb nach wie vor von besonderer Bedeutung.

Von zentraler Bedeutung für die Terrorismusgefahr sowohl weltweit als auch in Europa war auch in 2024 insbesondere der sog. "Islamische Staat" (IS). Der IS hat es geschafft, zum Inbegriff des Jihadismus zu werden. Dies bedeutet, dass insbesondere Jugendliche, die einen immer größer werdenden Teil der Anhänger und Unterstützer der Terrororganisation ausmachen, die beiden Begriffe IS und Jihad synonym verwenden. Für die westliche Staatengemeinschaft zwischenzeitlich entscheidender als die militärische Schlagkraft ist die jihadistische (Online-) Propaganda des IS, mit der weltweit zu Anschlägen unter Verwendung einfachster Tatmittel wie Messer, Schusswaffen und Fahrzeuge aufgerufen wird.

Die größte Gefahr im polizeilichen Sinn für die Sicherheitslage in Deutschland ging dementsprechend im Berichtszeitraum und auch aktuell noch von durch den IS ideologisierten und motivierten Einzeltätern und Kleingruppen aus.

- Auslandsbezogener Extremismus -

Das Mitglieder- und Mobilisierungspotenzial auslandsbezogener extremistischer Gruppierungen im Saarland lag wie im vorangegangenen Jahr unverändert bei 420 Personen. Die größte Gruppierung stellte mit etwa 300 Mitgliedern/Anhängern auch in 2024 die in Deutschland seit dem Jahr 1993 mit einem Betätigungsverbot belegte "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) dar. Das Aktionsverhalten der PKK-Anhängerschaft im Saarland war bestimmt von der Lageentwicklung in den Krisengebieten in der Türkei, im Nord-Irak und in Syrien sowie vom Schicksal ihres inhaftierten Führers Abdullah Öcalan.

- Linksextremismus -

Im Saarland haben sich die Strukturen und das Erscheinungsbild des organisierten und gewaltorientierten Linksextremismus im vergangenen Jahr gegenüber 2023 kaum verändert. Das Gesamtmitgliederpotenzial linksextremistischer Organisationen, Gruppierungen und Zusammenschlüsse war konstant geblieben. Dem Phänomenbereich Linksextremismus im Saarland waren demnach in 2024 schätzungsweise noch etwa 250 Personen zuzurechnen. Dabei stellte das organisierte linksextremistische Parteienspektrum einschließlich seiner Umfeldorganisationen nach wie vor den Hauptanteil mit ca. 185 Mitgliedern bzw. Anhängern dar.

Das aktuelle Lagebild finden Sie unter https://verfassungsschutz.saarland.de.

Publikationen

  • Lagebild Verfassungsschutz 2024 (PDF, 100KB, Datei ist nicht barrierefrei)

Medienansprechpartner

Jörg Hektor
Pressesprecher

Mainzer Straße 34
66111 Saarbrücken

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