WHO - World Health Organization Regional Office for Europe

11/05/2025 | Press release | Distributed by Public on 11/05/2025 16:33

20 Jahre Bekämpfung des Tabakkonsums in der EU: Bewegen wir uns auf eine tabakfreie Zukunft zu

20 Jahre nach der Ratifizierung des Rahmenübereinkommens der WHO zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (FCTC) durch die Europäische Union (EU) verdeutlicht ein neuer Bericht von WHO/Europa, dass die EU zwar wesentliche politische Fortschritte erzielt hat, der Tabakkonsum aber dennoch weiterhin Jahr für Jahr mehr als eine halbe Million Menschenleben fordert.

"Vor 20 Jahren hat die EU dieses bahnbrechende Übereinkommen der Vereinten Nationen angenommen und ihre internen Rechtsgrundlagen im Einklang mit dessen Vision geschaffen, nämlich Leben zu retten und alle Menschen vor den weitreichenden Gesundheitsrisiken des Tabakkonsums zu schützen - von Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis zu Tuberkulose und Demenzerkrankungen", erklärte Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa.

"Doch trotz jahrzehntelanger politischer Anstrengungen in den 27 EU-Mitgliedstaaten ist die Gesamtbelastung durch den Tabakkonsum in Europa nach wie vor immens, wobei es allerdings große Unterschiede zwischen den Ländern gibt. Im neuen Europäischen Arbeitsprogramm 2026-2030 der WHO wird diese Vision erneuert und ein stärkeres kollektives Vorgehen gegen Risikofaktoren für nichtübertragbare Krankheiten, und namentlich den Tabakkonsum, gefordert."

Tabakkonsum ist nach wie vor die Hauptursache für vermeidbare Todesfälle in Europa

Zwar geht der Tabakkonsum in den EU-Staaten allmählich zurück, doch ist er weiter für jährlich mehr als eine halbe Million Todesfälle verantwortlich. Davon sterben fast 80 000 an den Folgen des Passivrauchens.
  • 2022 waren 26,5 % der Erwachsenen in der EU Tabakkonsumenten, was über dem weltweiten Durchschnitt von 20,9 % liegt.
  • Fast jede vierte Frau in der EU konsumiert derzeit Tabak - das ist mehr als die Prävalenz unter Frauen in der Europäischen Region der WHO (18,9 %) und ungleich mehr als die weltweite Prävalenz bei Frauen (7,4 %).
  • Der Tabakkonsum ist bei Männern (29,1 %) weiterhin höher als bei Frauen (23,9 %).
  • Tabakkonsum verursacht nach wie vor mehr vorzeitige Todesfälle als jeder andere verhaltens- oder stoffwechselbedingte Risikofaktor für die Gesundheit und ist in der EU für 17 % aller vorzeitigen Todesfälle aufgrund nichtübertragbarer Krankheiten verantwortlich.
Die Zielvorgabe 3a in den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen fordert konkret die verstärkte Umsetzung des Rahmenübereinkommens; eine Beschleunigung dieser Umsetzung wird auch dazu beitragen, das Ziel des Globalen Aktionsplans zur Prävention und Bekämpfung nichtübertragbarer Krankheiten zu erreichen: eine relative Verringerung des Tabakkonsums um 30 % bis 2025. In der EU sind nur sieben Länder auf dem Weg, dieses globale Ziel zu erreichen.

E-Zigaretten und Jugendliche: jahrzehntelange Fortschritte bedroht

Die hohe Prävalenz des Tabakkonsums ist in erheblichem Maße durch das Gewinnstreben einer mächtigen Industrie bedingt. Und heute wird das Vorgehen der Tabakkonzerne, die eine breite Palette von Strategien zur Gewinnmaximierung einsetzen, zu einer akuten Gefahr für die Zukunft der EU.

Die neuen Tabak- und Nikotinerzeugnisse wie E-Zigaretten und Nikotinbeutel mit ihren oft leuchtenden Farben und süßen Geschmacksrichtungen werden nicht zuletzt über soziale Medien bewusst vermarktet, um Kinder und Jugendliche anzulocken und eine neue Generation in die Abhängigkeit zu ziehen.

Die Europäische Region weist von allen WHO-Regionen weltweit bereits die höchsten Werte beim E-Zigarettenkonsum von Jugendlichen (13 bis 15 Jahre) auf, und der Trend ist steigend und in der gesamten EU deutlich sichtbar. Während die Raucherquote bei Erwachsenen zurückgeht, nimmt der Konsum von Nikotinprodukten bei Jugendlichen stark zu.
  • Derzeit konsumiert fast ein Viertel der 15- bis 16-jährigen Schüler in der EU E-Zigaretten - von 6 % in Portugal bis zu 36 % in Polen.
  • Seit 2019 sind die Raten des E-Zigarettenkonsums unter Jugendlichen in 22 der 25 untersuchten EU-Länder gestiegen, und in sämtlichen Mitgliedstaaten war der Konsum unter Mädchen höher als unter Jungen.
Studien belegen, dass der Konsum von E-Zigaretten insbesondere bei nichtrauchenden Jugendlichen den Umstieg auf herkömmliche Zigaretten um fast das Dreifache erhöhen kann, was sowohl die Bemühungen zur Eindämmung des Tabakkonsums als auch die bereits erzielten Erfolge untergräbt.

Uneinheitliche Umsetzung der Politik: was tun?

Die Einführung von evidenzbasierten Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums ist in den EU-Mitgliedstaaten nach wie vor uneinheitlich. In allen EU-Ländern wird der Tabakkonsum überwacht und gibt es große bildliche Warnhinweise, aber nur acht Länder haben vollständige Rauchverbote an allen öffentlichen Orten, und nur vier Länder ein umfassendes Verbot von Werbung, Verkaufsförderung und Sponsoring eingeführt. In 14 EU-Ländern sind Zigaretten seit 2014 sogar günstiger geworden, was bisherige Fortschritte zunichte macht. 2024 hatten nur sechs der 27 EU-Mitgliedstaaten E-Zigaretten-Aromen verboten, und etwa die Hälfte der EU-Länder wendet partielle Beschränkungen für die Werbung für E-Zigaretten an.

Zwar stehen die EU-Staaten bei der Umsetzung des Rahmenübereinkommens vor unterschiedlichen Herausforderungen, doch werden von den Ländern zwei Haupthindernisse immer wieder genannt: die zunehmende Verbreitung neuer und neu aufkommender Tabak- und Nikotinprodukte, die sich Gesetzeslücken in den EU-Tabakrichtlinien zunutze machen; und die anhaltende Einflussnahme der Tabakindustrie.

In den letzten beiden Jahrzehnten hat die EU gezeigt, wie koordinierte gesetzgeberische Maßnahmen die Entwicklung der öffentlichen Gesundheit beeinflussen können. Die anstehende Überarbeitung der EU-Richtlinien, einschließlich der Richtlinie für Tabakerzeugnisse (TPD) und der Richtlinie für die Tabakbesteuerung, wird für die Erreichung des EU-Ziels einer "tabakfreien Generation" - weniger als 5 % der Bevölkerung sind Raucher - bis 2040 entscheidend sein.

"In dem Bericht von WHO/Europa wird unterstrichen, dass eine überarbeitete und zukunftsorientierte TPD erforderlich ist, um die derzeitigen Regulierungslücken zu schließen und einen langfristigen Schutz der öffentlichen Gesundheit zu gewährleisten. Darüber hinaus bleiben Regulierungsprozesse ohne solide Schutzvorkehrungen anfällig für Taktiken der Industrie, die gesundheitliche Ziele untergraben. Daher ist die vollständige Umsetzung von Artikel 5 Abs. 3 des FCTC, der die Politik vor dem Einfluss der Industrie schützt, für weitere Fortschritte unverzichtbar", erklärte Kristina Mauer-Stender, Regionalbeauftragte für Tabakbekämpfung bei WHO/Europa.

Europas Führungsrolle und der Weg in die Zukunft

Der Analyse von WHO/Europa zufolge könnten eine stärkere Besteuerung und rauchfreie Zonen, ein Verbot aller Aromen, die Einführung von Einheitsverpackungen für alle Nikotinprodukte und die Schließung von Schlupflöchern in der Online-Werbung die Fortschritte drastisch beschleunigen.

"Die erneuerte Führungsrolle, die weitreichende Zukunftsvision und der Anspruch der EU bei der Bekämpfung des Tabakkonsums tragen nicht nur entscheidend zum Schutz der Gesundheit ihrer Bürger bei, sondern auch dazu, weltweit mit gutem Beispiel voranzugehen", fügte Frau Mauer-Stender hinzu.

"Ein tabakfreies Europa bedeutet weit mehr als nur das Erreichen eines politischen Ziels. Es bedeutet eine Zukunft, in der Kinder frei von Sucht aufwachsen, in der die Luft sauberer ist und in der Gesundheit und Wohlbefinden gemeinsame Werte für alle sind.

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