11/10/2025 | Press release | Distributed by Public on 11/10/2025 03:51
Gemeinsam haben die "Initiative zum Gedenken an die Bonner Opfer des Nationalsozialismus" und die Bundesstadt Bonn am Sonntag, 9. November 2025, an die Opfer der Novemberpogrome 1938 erinnert.
Astrid Mehmel, Leiterin der Gedenkstätte und des NS-Dokumentationszentrums Bonn, führte durch die Veranstaltung. Der erste Teil der Gedenkveranstaltung fand wie bereits in den vergangenen Jahren im Foyer der Bonner Oper statt. Im Zentrum stand die musikalische Erinnerung an jüdische Komponist*innen, deren Werke in Vergessenheit geraten sind. Mitglieder des Bonner Opernensembles, begleitet von Ana Craciun am Klavier, interpretierten Werke von Dmitri Schostakowitsch, Mario Castelnuovo-Tedesco und Erwin Schulhoff. Im Anschluss an das Konzert versammelten sich die Teilnehmenden am Synagogen-Mahnmal am Moses-Hess-Ufer. Dort sprachen Oberbürgermeister Guido Déus und Jakov Barasch, Vorsitzender der Synagogengemeinde Bonn. Kantor Shmuel Shentag sang zum Abschluss das jüdische Totengebet "El Male Rachamin", musikalisch begleitet von Matthias Höhn.
Oberbürgermeister Guido Déus: "Das Gedenken an die Opfer der Novemberpogrome ist mehr als ein Blick in die Vergangenheit - es ist ein Auftrag für unsere Gegenwart. Wer heute Antisemitismus duldet oder relativiert, stellt sich gegen die Grundwerte unserer Gesellschaft. Wir stehen fest an der Seite unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, für ein respektvolles, solidarisches Miteinander in Bonn. Mein besonderer Dank gilt allen, die mit großem Engagement Veranstaltungen wie diese organisieren - sie halten die Erinnerung wach und leisten einen unverzichtbaren Beitrag gegen das Vergessen."
Jakov Barasch, Vorsitzender der Synagogengemeinde: "'Nie wieder' ist kein Ritual, das man einmal im Jahr wiederholt. 'Nie wieder' ist eine Verpflichtung - moralisch, politisch, menschlich. Sie verpflichtet, Widerspruch zu leisten, wenn Antisemitismus nicht in Uniform, sondern im akademischen Vortrag, in der Kunst oder in Talkshows daherkommt. Sie verpflichtet, Haltung zu zeigen - auch wenn sie unbequem ist."
Am 7. November 1938 schoss der 17-jährige Herschel Grynszpan auf den Legationssekretär der deutschen Botschaft in Paris, Ernst vom Rath. Grynszpan wollte ihn zwingen, seinen Eltern, die kurz zuvor von Hannover nach Polen deportiert worden waren, zu helfen. Als der Diplomat am 9. November 1938 seinen Verletzungen erlag, diente die Tat des verzweifelten Jungen den Nationalsozialisten als Vorwand, um eine angebliche "jüdische" Verschwörung darzustellen und gegen die jüdischen Deutschen vorzugehen. Es folgte ein Pogrom, wie er in Deutschland seit Jahrhunderten nicht stattgefunden hatte.
Da der entsprechende Befehl in Bonn - wie auch in anderen Städten - erst weit nach Mitternacht bei der Gestapo einging, wurden in Bonn die Synagogen ab dem Morgen des 10. November in Brand gesetzt: die Synagogen in der Tempelstraße am Rheinufer sowie in Poppelsdorf, Beuel, Bad Godesberg und Mehlem. Geschäfte und Wohnungen jüdischer Bonner*innen wurden zerstört, zahlreiche Männer verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau deportiert. Nur wenige Menschen leisteten Hilfe.
Veranstalter der Gedenkveranstaltung ist die Initiative zum Gedenken an die Bonner Opfer des Nationalsozialismus. Zu ihr gehören: Bildungsforum Lernwelten, Beueler Initiative gegen Fremdenhass, Deutsch-Israelische Gesellschaft -Arbeitsgemeinschaft Bonn, Evangelisches Forum Bonn, Gedenkstätte und NS-Dokumentationszentrum der Stadt Bonn, Förderverein Gedenkstätte und NS-Dokumentationszentrum Bonn, Verein Gegen Vergessen - Für Demokratie, Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Bonn, Katholisches Bildungswerk Bonn, Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn, Synagogengemeinde Bonn, Theater Bonn und Volkshochschule Bonn.